Welcome Innsbruck - Winter 2017/18
W E L C O M E 18 W I N T E R rigen Winter im Kühtai das weltweit erste Freiluftschneelabor errichtet. Dort wird die Effizienz von Schneeerzeugern überprüft werden, mit dem Ziel, jene Parameter festzustellen, die sich zugunsten einer ökologisch und ökonomisch sinnvollen Schneeerzeugung beeinflussen lassen. Das hört sich einfach an – ist aber alles andere als das. Der Teufel versteckt sich wie immer gern im Detail. W I E V I E L ? Da wäre zum Beispiel die ganz banale Frage danach, wie man denn die Menge des produzierten Schnees messen soll. „Dafür braucht man eine großräumige Volumenerfassung von relativ kleinen Schneemengen. Theo- retisch gäbe es mehrere Methoden dazu, in der Praxis – sprich im Freiluftla- bor – wurde das aber noch nie gemacht“, so Rothleitner. Einen Schneehau- fen in einer Kältekammer zu messen, ist nicht das Problem. Im Gelände allerdings, wo selten absolute Windstille herrscht und der Schnee demnach über einen größeren Raum verteilt wird, stellt das eine Herausforderung dar, zu der man nun Erfahrungen sammeln muss. Was man außerdem messen will, es aber noch nicht kann , ist der Grad der Schneefeuchtigkeit: Die Schneequalität wird nämlich in erster Linie durch den Wassergehalt beeinflusst. Zu wenig Wasser macht den Schnee zu pulvrig, er kann so nicht präpariert werden. Zu viel Feuchtigkeit verschwendet sinnlos Ressourcen. „Schneefeuchtigkeit misst man im Labor mittels Computertomografie, klei- nere Schneemengen werden mikroskopisch untersucht. Das kommt für das Freiluftlabor nicht in Frage.“ Mittlerweile gibt es drei Prototypen einer entsprechenden Messsonde – zwei davon wurden in Innsbruck entwickelt. Diese Messgeräte müssen nun in der Praxis erforscht werden. Sind die Fragen zu Schneevolumen- und Schneefeuchtemessung soweit geklärt, startet die eigentliche Testung der verschiedenen Be- schneiungsgeräte. „Im heurigen Winter werden wir hauptsächlich mit Add-on-Technologie experimentieren. Es werden also keine neuen Schneeerzeuger getestet, sondern wir werden versuchen, den Output be- stehender Schneeerzeuger zu verbessern.“ Ein Winter ohne Schnee ist – zum jetzigen Zeitpunkt – schlichtweg nicht vorstellbar. Vielleicht ändert sich das eines Tages, sollten die düstersten aller Prognosen eintreffen und Naturschnee nur mehr in den Erinnerungen der Alten leben. Vielleicht vergisst man den Winter, wie wir ihn heute kennen, ei- nes Tages. Aber noch sind wir davon ganz weit weg: Der Winter ist nicht nur schön, er ist für weite Landstriche und deren Menschen überlebenswichtig. Wenn er nicht mehr so will, wie er soll, hilft man ihm auf die Sprünge. Z U S A M M E N W A C H S E N „Im Schneezentrum Tirol verfolgen wir zwei wesentliche Richtungen“, er- klärt Rothleitner. Die eine ist das Schneemanagement: Wann macht man technischen Schnee und in welchem Ausmaß? „Am Ende der Saison bleibt meistens viel technischer Schnee auf der Piste übrig, der auch aus der Sorge heraus produziert wurde, dass Frau Holle nicht ausreichend arbeitet. Hier wollen wir Managementmethoden entwickeln, um einspa- ren zu können.“ Der zweite Bereich betrifft die Technik und geht der Frage nach, wie man Schnee effizienter erzeugen kann – also kostensparender und ökologisch sinnvoll. Nimmt man es genau, ist technisch produzierter Schnee – „Kunstschnee“, wie er landläufig genannt wird – eigentlich kein Schnee. Vielmehr sind es Eispartikel, die mit den kunstvollen Eiskristallen nicht viel außer ihrem Aggregatzustand gemein haben. Was technischer Schnee sei- nem natürlichen Bruder aber voraus hat, ist seine Resistenz. „Diese ergibt sich durch den Wassergehalt“, erklärt Rothleitner. Natürlicher Schnee hat ein Gewicht zwischen 30 und 300 Kilogramm pro Kubikmeter. Je niedriger das Gewicht, desto weniger Wasser, desto pulvriger der Schnee. Techni- scher Schnee kommt auf 450 Kilogramm pro Kubikmeter – deshalb ist er auch so gut präparierbar, da er viel kompakter ist als Naturschnee. „Pulvriger Neuschnee kann mit Pistengeräten nicht bearbeitet werden, da die einzelnen Kristalle nicht ineinander verzahnt sind.“ Schnee wird dann pulvrig, wenn die Luftfeuchtigkeit sehr niedrig ist. Und der hat regelrechte Bindungsangst. Denn für eine gute Sinterung – so nennt man das Zusam- menwachsen der einzelnen Schneeflocken – sind kleinere, runde Körner ideal. Die hier zahlreich vorhandenen Kontaktpunkte ermöglichen es den Körnern, an verschiedenen Orten zusammenzuwachsen. So erreicht der Schnee eine höhere Festigkeit – perfekt für die Piste. F E I N H E I T E N Die Technologie der künstlichen Schneeerzeugung ist keine junge, den- noch gibt es viele offene Fragen. Etwa jene danach, wie viel Schnee von einem Schneeerzeuger tatsächlich produziert wird – abhängig von der aufgewendeten Energie und Wassermenge sowie den Umweltbedingun- gen, im wesentlichen Luftfeuchtigkeit und -temperatur. „Das wissen wir nicht“, sagt Rothleitner. Tests in Kältekammern sind zwar möglich, doch geben diese nicht den Aufschluss, den man sich wünscht: „In Kältekam- mern kann die Temperatur geregelt und dadurch eine standardisierte Bedingung geschaffen werden, aber durch die Wassermengen, die für die Tests verwendet werden, steigt auch die Luftfeuchtigkeit innerhalb kurzer Zeit massiv an. Dadurch lassen die ermittelten Werte keine Vergleichso- rientierung mehr für Beschneiung in freier Natur zu.“ Ohne dieses Wissen kann Beschneiung nur zu einem gewissen Grad gesteuert werden – das Feintuning fehlt. Dieses Feintuning wäre aber sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Hinsicht gefragt, um ressourcenschonender – sozu- sagen maßgeschneidert – agieren zu können. Um mit der Beantwortung dieser grundlegenden Fragen weiterzukom- men, wurde das Schneezentrum Tirol gegründet, das wiederum im heu-
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