Welcome Innsbruck - Winter 2017/18
W E L C O M E 43 E s zählt zu den ältesten Kaffeehäusern und Konditoreien der Stadt und beherbergte einst (ab 1680) die berühmte Baumeis- terfamilie Gumpp, die dem Gebäude – nebst vielen weiteren in Innsbruck – sein barockes Gesicht verlieh, bevor es Anfang des 19. Jahrhunderts seinen neuen Besitzer fand. Ende des 18. Jahrhunderts erreichte der aus Überlingen am Bodensee stammende Johann Nepo- muk Munding Tirol. Auf dem langen Weg hatte er sich bei Lebzeltern und Gutelemachern verdingt, in Innsbruck arbeitete der Geselle schließlich in der Zuckerbäckerei des Stadtkochs Kircher, im Gumpphaus in der Kie- bachgasse. Fleißig, wie er war, übernahm er den Betrieb nach kurzer Zeit, zuerst als Pächter, dann kaufte er das gesamte Anwesen und eröffnete im Frühjahr 1803 das „Damencafé Konditorei Munding“. Nicht nur die Da- men – die endlich ein Café hatten, das sie ohne männliche Begleitung betreten konnten – waren angetan. Erzherzog Eugen von Tirol bestellte den Zuckerbäcker zum persönlichen Kammerdiener und Kammerliefe- ranten, ebenso wie Prinz Ludwig von Sachsen. Johann Nepomuk war es schließlich auch, der Anfang der 1860er Jah- re den ersten Christbaum in die Auslage seiner Konditorei stellte und da- mit die Gemüter der katholischen Mitbürger erhitzte. Als Heide wurde er gar beschimpft. Kaum vorstellbar, wie jung die Tradition des Weihnachts- baums in unseren Breitengraden ist. Sein Sohn Hans übernahm den Betrieb schließlich und investierte große Bemühungen in die Marmela- denfabrikation in der Adamgasse und die Schnapsbrennerei. Besondere Spezialitäten des Hauses zu jener Zeit waren Mundings Fruchtlimonade, DAS HAUS DER ERFINDER T H E H O U S E O F I N V E N T O R S Einst beherbergte es Innsbrucks berühmteste Baumeisterfamilie, bevor es zur Heimstatt einer der ältesten Konditoreien wurde, zum Ort, an dem der erste Christbaum stand und eine mechanische Teigrührmaschine erfunden wurde: das Mundinghaus. // Once it was home to Innsbruck‘s most famous family of architects, before it became the headquarters of one of the oldest confectioners, a place where the first Christmas tree stood and a mechanical dough mixer was invented: the Mundinghaus. das Tiroler Früchtebrot und Mundings Tiroler Edelpunsch – bis nach Ostindien wurden diese „Gutelen“ verkauft, die bei der Weltausstellung in Paris hoch prämiert worden waren. Nachdem die zu produzierenden Mengen dadurch entsprechend andere waren als in einer normalen Zu- ckerbäckerei üblich, war Hans Munding erfindungsreich: Er entwickelte die erste mechanische Teigrührmaschine der Welt – 5.000 Stück wurden von der Alpina 2000 weltweit verkauft, bevor das Patent auslief. Ein Mo- dell kann man im Technischen Museum in Wien heute noch bestaunen. Erfunden hat Hans Munding aber noch weitaus mehr – etwa eine Isolier- verpackung, mit welcher das erste Eis Tirols, natürlich made by Munding, in ganz Tirol vertrieben werden konnte. Auch die folgenden Generationen der Mundings zeigten Entdeckergeist und den Drang zu Pioniertaten, so war das Mundinghaus 1980 etwa das erste in der Innsbrucker Altstadt mit Sonnenkollektoren am Dach. Heute führen die Geschwister Almut und Christoph Munding die Konditorei und das Café in fünfter Generati- on: genauso erfinderisch wie ihre Vorgänger, mit einem leichten Hang zu überbordender Kreativität und einem kleinen Funken Rebellion, der nach Matcha und Yuzu schmeckt. Denn jedes Jahr verreist Christoph Munding, der eigentlich nie in der Backstube enden wollte – er braucht die Auszeit. Und meistens bringt er Frischluft mit nach Hause zurück – neue Ideen, interessante Zutaten. Eine Zeit lang experimentierte er mit Yuzu. Dann mit Matchatee. „Alles war grün, sogar die Cremeschnitten. Das fanden viele unserer Kunden interessant, aber bestellt haben sie dann doch die Sachertorte“, erinnert sich der Konditor. Auch die Macarons, die die Mun- dings als Erste in ganz Tirol angeboten hatten, fanden zum damaligen Zeitpunkt – unmittelbar nachdem „Sex and the City“ im Kino gelaufen war, Sie erinnern sich an die Szene imWüstenzelt, in der die Damen Macarons verspeisen? – keine Abnehmer. Heute liebt man sie. Für manches kommt die Zeit irgendwann, für anderes nie. „Sicher ist das manchmal frustrie- rend. Man kann aber auch nicht mit dem Motorboot in der Badewanne Zu Weihnachten nicht nur wegen der Leckereien ein Muss auf der Besuchsliste: Das Mundinghaus im Weihnachtsglanz. // A fixture on the itinerary for its delicacies not only at Christmas time: the Mundinghaus in all its Christmas finery. Prallvoll mit Leckereien: Der Verkaufsraum um 1910. // Full to bursting with delicacies: the salesroom around 1910.
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