WELCOME
||
13
E
s gab keinen bestimmten Punkt, an dem aus David Lama ein
Alpinist wurde. Es war eine Entwicklung, ein Weg, der wie
selbstverständlich passierte. Eine Route, die schlussendlich
nicht mehr nur die Wand, sondern den Berg in seiner Gesamtheit
zum Ziel hatte. „Der Alpinismus ist kein Sport, kein Wettkampf, son-
dern eine Philosophie, eine Lebensform“, sagte einst der italienische
Kletterer Cesare Maestri, zu seiner Zeit einer der besten der Welt.
„Beim Sportklettern geht es um den Sieg“, sagt das Ausnahmetalent
David Lama heute, „beim Bergsteigen um den Gipfel.“
Der 26-jährige Tiroler begann mit dem Klettern, als seine Füße ihn
tragen und seine Hände ihn halten konnten. Den ersten Wettkampf be-
stritt er mit sieben Jahren und wurde Zweiter. Von da an ging es steil
bergauf – im wahrsten Sinne des Wortes. Bis zu dem einen Projekt, das
DIE RUHE DES GIPFELS
THE CALMNESS ABOVE THE CLOUDS
Seine Projekte sind oft mit dem Prädikat „unmöglich“ behaftet
– doch sowohl sein Drang als auch
seine Überzeugung haben den Alpinisten David Lama Grenzen überschreiten lassen. Wand für Wand,
Berg für Berg, Gipfel für Gipfel – bis das Unmögliche möglich wird. //
The mountaineer is well-known
for his “impossible” projects, but David Lama
- with his passion and his bold siege tactics - makes the
impossible possible. He conquers wall after wall, mountain after mountain, summit after summit -
representing a new breed of super-alpinists. //
SONJA NIEDERBRUNNER
wohl in vielerlei Hinsicht ein lehrreiches war: Der Versuch, den Cerro
Torre in Patagonien zu bezwingen – auf jene Art, die ihm zum dama-
ligen Zeitpunkt richtig erschien –, scheiterte. Dieser Berg stellte bereits
für den eingangs zitierten Cesare Maestri einen Wendepunkt dar: 1959
bestieg er zusammen mit dem Tiroler Toni Egger den Gipfel des Cerro
Torre. Doch die Expedition endete tragisch. Egger stürzte beim Abstieg
tödlich ab, mit ihm die Kamera, die das Beweisfoto des Gipfelerfolges
enthalten haben soll. Bis heute ist umstritten, ob die beiden wirklich
am Gipfel waren. Maestri versuchte es wieder. 1970 machte der Italie-
ner sich mit Hilfe eines Kompressors, mit dem er Hunderte von Haken in
die Wand bohrte, den Weg frei zum höchsten Punkt der Felswand. Diese
Besteigungsmethode löste heftigen Protest unter den Alpinisten aus –
40 Jahre später sollte sich die Geschichte wiederholen.
➜
Vom Sportkletterer zum Alpinisten: David Lamas Ziel ist nicht
mehr allein die Wand, sondern der Berg, der Gipfel. //
From sport climbing to alpinism: David Lama’s goal
is no longer only the wall but the summit.