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den zugegebenermaßen treffenden Namen „Koatlackn“ ein: „Die soge-

nannte Kothlacken ist eine schmale Gasse in Sankt Nikolaus. Eigent-

lich ist sie eine Seitengasse der Innstraße und mündet auf den brei-

ten Kirchplatz vor der schon etwas erhöht liegenden gotischen Kirche

von Sankt Nikolaus. Die Bewohner, aber hauptsächlich die Bewohne-

rinnen dieser Gasse zeichnen sich durch ihren scharfen und gesun-

den Mutterwitz aus. Es ist kei-

ne ansprechende Gegend. Die

alten Häuser dieser Gasse ma-

chen vielfach einen verlotterten

Eindruck. Schmutzige, unrein-

lich gekleidete Frauen und Kin-

der stehen und gehen da he-

rum. Oft ertönt auch schrilles

Geschrei von zankenden und

keifenden Weibern; denn die

Kothlacknerinnen sind in dem

Ruf, recht unverträglich zu

sein. Wer sie näher kennt, weiß,

dass sie besser sind als ihr Ruf.

Gutherzig, hilfsbereit und ehr-

lich“, beschreibt Rudolf Greinz

1917 seine Erlebnisse im Buch

„Die Stadt am Inn“. Erst 1829

wurden die Proteste der Bevöl-

kerung schließlich so laut, dass

die Gasse saniert wurde.

Gegenwart

Eine äußerst bewegte Geschich-

te ist es, auf die Anpruggen zu-

rückblickt. Seit jeher das Stief-

kind der Stadt, verspottet und

verschrien, doch gleichzeitig

auch Heimat großer Handwer-

ker und Künstler (einer der be-

rühmtesten der Volksschauspie-

ler war Hans Brenner, dem mit

dem „Brenner-Platzl“ ein Denk-

mal gesetzt wurde), ein Ort der

Betriebsamkeit, der Urigkeit, des

Natürlichen und ein Schmelztie-

gel aus Einheimischen und Zu-

gezogenen.

Und seit einigen Jahren rührt

sich was da drüben über der Brücke. Die Bewohner sind stolz auf

ihren Stadtteil, den ältesten der Landeshauptstadt, das Nischen-

viertel Innsbrucks – so nah am Zentrum und doch ganz anders. Wo

die Geschichte in vielerlei Ausprägungen so lebendig, der wohl-

ig-schaurige Hauch vergangener Zeiten spürbar ist, wie ein Hauch,

der durch die schmalen Gassen und die verwinkelten Häuserzei-

len zieht und daran erinnert, wie viel Tradition hier geboren wur-

de. Der Stadtteil selbst strahlt genau diese Geschichte aus und so

ist es nicht verwunderlich, dass Anpruggen nach wie vor – oder aber

wieder – Heimat für zahlreiche Handwerksbetriebe und Künstler

ist und wird, die sich von diesem Stadtteil wie magisch angezogen

fühlen. Sie sind es, die den alten, geschichtsträchtigen Gemäuern

neues Leben einhauchen und gleichzeitig jene Tradition fortset-

zen, der es zu verdanken ist, dass sich hier vor vielen Jahrhunderten

der Grundstein bildete für die

Stadt am anderen Ufer. Und im-

mer mehr beginnt Anpruggen

Teil davon zu werden, ohne sich

selbst dabei zu verlieren.

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A

ll the ways led across the

river - through a suburb

with pernicious traits.

The horse butcher owned a

gloomy shop, which had a myste-

rious and horrifying appearance

to me. But the route through the

ugly alleyways wasn’t long. Sud-

denly you could see the monu-

ment of Walter von der Vogel-

weide emerging out of the river’s

green surroundings and the cute

narrow streets behind the bridge

framed by columns and vaults

spread the lovely smell of cinna-

mon and finest tobacco.

I came across a stuffed croc-

odile hanging from a shop’s

ceiling, jars in bright colours,

chrome yellow, madder red and

indigo, silver white shellac bars,

pipe stores with a sweet scent of

wood, and paper shops with il-

lustrations displayed in the shop

window,” writes the Tyrolean au-

thor Paul Busson in his book “Aus

der Jugendzeit. Erinnerungen

und Träume aus alten Tagen”,

which was published in 1920.

The less attractive suburb de-

scribed by the author at the start

is Anpruggen. It is the oldest part

of Innsbruck – made up of the districts St. Nikolaus and Mariahilf. It

once belonged to the Counts of Andechs, one of the most important

and powerful noble families of the Holy Roman Empire in the High

Middle Ages.

In 1133, the Bavarian Duke Henry X ordered to destroy their Castle

Ambras and so they founded a settlement on the left bank of the riv-

er Inn, between the river and the Northern mountain range Nordkette.

It soon became apparent, however, that the centre of the not yet exist-

Innstraße anno dazumal:

Der Gasthof Eiche um 1906 –

gibt es heute noch – und der

Kaiserhof um 1900. //

The street Innstraße in a different

time: The restaurant Eiche around 1906

– which still exists today – and the

hotel Kaiserhof around 1900.

innsbruck.info/anpruggen